Alte Lieder

Starogradske pjesme

Die sogenannten Starogradske pjesme (serbisch pesme) – genau übersetzt altstädtische Lieder – umfassen ein großes Repertoir an Liedern der verschiedensten Art: Kaffeehausmusik, Trinklieder, Romanzen, aber auch echte Volkslieder … Es sind sozusagen die Klassiker, die immer wieder neu interpretiert werden.
Die besten davon werden als Starogradski biseri bezeichnet – das heißt als „Perlen“. Die Starogradske pjesme werden oft als stimmungsvoller Mix dargeboten (Trio Gust) oder in größeren Sammlungen veröffentlicht.

Ein lustiges Liedchen, dessen Sinn sich mir nicht so recht erschließt. „Meine Kleine hat keine Fehler, außer dass sie Dragan liebt, ich möchte sie aber nicht verlieren“. So oder ähnlich könnte der Text in der Quintessenz lauten. Oder auch anders! Der Google-Übersetzer ist wie so oft keine Hilfe.  Egal, hören wir einfach der flotten Weise zu, ohne uns große Gedanken zu machen.

Ein sehnsuchtsvolles Lied aus der Vojvodina, einer autonomen Provinz Serbiens. Sie besteht aus den historischen Gebieten Syrmien, Banat und Batschka. Hauptstadt ist Novi Sad.

„Du hörst, du hörst es, du hörst es, du ziehst dich an! Ich will, ich will glänzen, kaufe meine Sandalen! Komm, lass uns gehen, lass uns sehen!“ … Ich glaube, da ist Shopping angesagt.

„Mazedonisches Mädchen, Mazedonisches Mädchen, bunter Blumenstrauß, im Garten gepfllückt, als Geschenk gegeben. Gibt es in der ganzen schönen Welt ein schöneres Mädchen als das mazedonische? Nein, nein, es wird nie geboren ein Mädchen schöner als das mazedonische.“

„Komm Jana, meine Seele (dušo), lass uns den Kolo tanzen (igramo).
Komm Jana, lass uns das Pferd (konja) verkaufen (prodamo). Komm Jana, lass uns das Haus (kuću) verkaufen. Verkaufen wir es, damit wir nur (samo) noch tanzen können.“

Ein ursprünglich russisches Gipsy-Lied, das sich überall verbreitet hat, wo Roma leben. „Oh Mama, Mama, Mama, ich liebe die Zigeunerin Jana!“

„Hier ist eine Bank, Zigeuner, spiel mit mir, trinke Champagner mit mir, ich werde zahlen …“

Ein Loblied auf die schöne Stadt Sombor in der Batschka (Vojvodina) nahe der Grenze zu Ungarn und Kroatien. NHT bedeutet „Najbolji Hrvatski Tamburasi“, deren Mitglied Stanko Saric ist.

„Wenn der erste Schnee fällt, spanne ich meine Pferde an und fahre dorthin, wo es viele schöne Frauen gibt. Ob blond, ob braun, ich liebe alle Frau’n!“

Ein Lied über das Leben und die Liebe in romantischen Bildern. Fazit: „Ich will Liebe, Glück und Freude!“

„Gib mir ein Glas Rakija, um mich zu betrinken. Gib mir eine Flasche Rakija, um sie zu zerschlagen. Gib mir eine Pistole, um sie abzuschießen. Die Folgen davon kennt jeder.“ Na hoffentlich!

Natürlich geht es auch in diesem Lied um die Liebe. Näheres konnte ich nicht herausfinden. Muss man das eigentlich?

Ein weiteres mazedonisches Volkslied: „Jovano, Jovanke, du sitzt am Fluss Vardar, wäschst die weiße Wäsche, liebst und blickst die ganze Zeit auf. Ich warte darauf, dass du zu mir nach Hause kommst, aber du kommst nicht, mein Herz, Jovano. Deine Mutter lässt dich nicht zu mir kommen …“ Um es klarzustellen, hier wird eine Jovana besungen, doch im Vokativ (Anredeform) endet der Name mit o.

„Rosmarin, mein grüner!“ Der immergrüne Strauch ist im Mittelmeerraum, also auch an den Küsten der Adria, weit verbreitet. Er duftet intensiv aromatisch. Daher wird er als Duftpflanze verwendet, kommt aber auch in der Küche als Gewürz zum Einsatz.

„Mein wunderbares, schönes Bosnien – Sarajevo … – Banja Luka …“

„Am Ende des Dorfes steht eine verrauchte Kneipe“. Dave Zupkovich and his Balkan Recording Orchestra war allen Jugoslawen in Amerika wohlbekannt.

„Ein alter Kontrabass“. Auch heute gern gespielt, wie hier in der Veranstaltungs- und Sendereihe „Lijepom nasom“ – unser Bestes, in diesem Fall aus Beli Manastir in der Baranja.

„Gebt uns noch einen Liter des guten Weines. Lasst uns die alten Lieder singen und tanzen.“

Was auch „Coile manojle“ heißen mag, das Lied wird immer wieder viel gesungen. Persönlich halte ich
die Fassung von 1927 mit Sofka Nikolic für die beste. Neunzehn Jahre alt, entfacht Sofka eine feurige Leidenschaft. Spätere Aufnahmen – auch mit ihr – sind da schon gemäßigter.

Tamo – Daleko. Here and far away. Hier und weit in der Ferne. Ein altes serbisches Volkslied, das im
Ersten Weltkrieg eine Bearbeitung erfahren hat, die mir zu martialisch ist. Daher bringe ich hier das Original zu Gehör, auch wenn das Ganze manchem zu sanft erscheinen mag.

„Zu Ostern bin ich geboren, am Djurdjevdan wurde ich getauft“. Mehr zu erfahren, war mir leider nicht möglich.

„Wenn ich die Tambura höre, vergesse ich alles, trinke bis zum Morgenrot …“.

Wollen wir auf den Basar in Sabac* gehen? – Ja, dort können wir uns betrinken.
Wollen wir den Fijaker nehmen? – Ja, da können wir in aller Ruhe trinken.
Wollen wir Slivovitz trinken? – Nein, Slivovitz trinken nur die Säufer.
Wollen wir eine alte Oma lieben? – Nein, sie ist zu schwach für einen Junggesellen.
Wollen wir eine junge Zigeunerin lieben? – Ja!!!, sie ist voller Liebesglut.
Es gibt übrigens verschiedene Varianten: Mal wird nicht nach dem Slivovitz gefragt, mal gibt es Gründe, den Fijaker nicht zu benutzen und in neuerer Zeit wird aus der Zigeunerin ganz allgemein ein Mädchen.
* Stadt an der Save in Serbien

Von vier dicken Pferden ist die Rede, auch von jungen Mädchen – mehr weiß ich nicht.

Die alten Lieder beinhalten oft sehr poetische Texte, widersetzen sich jedoch hartnäckig allen Übersetzungsversuchen, zumindest für den Laien. Was es ansonsten mit der „frula“, der Flöte, auf
sich hat, weiß ich nicht.

Genau so tiefsinnig ist gewiss das folgende Lied. Übrigens machen die Musiker hier scheinbar eine Probeaufnahme, können sich aber noch nicht so recht für Farbe oder Schwarzweiß entscheiden.
Relativ selten ist der Einsatz eines Cimbalom. Beim Orchester Ignac Schön ist es jedenfalls Standard.

Wein, Weib, Gesang beziehungsweise Mädchen, Trinken, Kartenspiel …

Wehmütige Erinnerungen an die Nächte in der Stadt Sombor und die alten Fijaker.

„Komm schon Kato (Kata), geh mit meinem Bruder … Ich kann nicht dein Herr sein … Kato meine Seele.“ Die Ein-Mann-Kapelle von Steve Pavlekovich ist schon einmalig!

Ein beliebtes Kinderlied, in dem es vor allem um Quitten geht.

„Rosen liegen in deinen Augen und deine Haare duften in den Nächten …“

„Ein Hof im Norden der Batschka“ – wir erinnern uns: Die Batschka ist Teil der Vojvodina. Hier leben
auch die Bunjewatzen, die heute als Kroaten gelten. Sie stammen ursprünglich aus Dalmatien (Zadar, Ravni kotari), Podgorje (Senj), Lika und Herzegowina und sprechen einen eigenen Dialekt.

Den Dialekt und damit auch den Text dieses Liedes konnte ich leider nicht entschlüsseln!

„Der Frühling kommt und auch dieselbe alte Unruhe …“

„Was kümmert dich, wie ich lebe …?“

„Komm schon runter, bis spät in die Nacht …“

Aus dem Leben eines Taugenichts (Vagabunden).

„Mein Vater hat viel gearbeitet und ich habe einfach Geld verloren …“ – Wie das Leben so spielt!

Erinnerungen – diese scheinen recht schmerzhaft zu sein!

Drei Meter … Was auch immer erzählt wird: Drei Minuten scheinen den Sängern des beliebten Liedes jedenfalls nicht genug zu sein.

„Wenn ich dich auf der Gasse sehe oder auf dem Balkon, ich erkenne dich sofort, mein Schatz.“

„Mein Hut, mein Schal, mein Mantel, so wie ich sie trage, veranlasst die Frauen mich anzuschauen,
ja anzustarren und sich in mich zu verlieben – ob betrunken oder nicht.“ Da ist einer aber ganz schön eitel!

„Sonja“ ist ursprünglich eine alte russische Ballade. Übrigens gab es bereits 1915 von diesem Lied eine Tonwalze für den Phonographen.

Ein Lied in eigener Sache: Ein Kaffeehausmusiker erzählt über sein Leben, die Kollegen, das Trinkgeld (Bakschisch) …

Um was es genau geht, möchte ich gar nicht wissen. Sehr aufschlussreich der Refrain: „Uba uba uba uba uba ubava.“ – Reizend!

„Wenn ich in deinem Herzen bin, lass mich dich küssen!“

Ich glaube, da trinkt wieder jemand aus Liebeskummer den roten Wein.

Hier fließen bittere Tränen! Der beliebte Opernsänger und ESC-Teilnehmer von 2017 versucht, darüber hinwegzutrösten. Nicht nervös werden, wenn er erst nach einer halben Minute zu singen beginnt.

Die grünen Augen, verbunden mit schwarzem oder rotem Haar, tauchen in vielen Liedern auf.

Die „Weißen Rosen“ zählen ganz sicher zu den „Starogradske pesme“, auch wenn die Interpretation von Saban Bajramovic in diesem Fall eher ungewöhnlich ist.

Eigentlich wollte ich das folgende alte Lied in dem Beitrag „Sonne und Meer“ verwenden, was mir bei
„Des Fischers ältere Schwester“ sinnvoll erschien. Doch stellte sich heraus, dass die schöne Jana eher
in einer Gegend nahe der Save zu finden ist, weit weg vom Meer.

Ich hatte anfangs das Trio Gust erwähnt, das schon mehrere Potpouris alter und populärer Lieder veröffentlicht hat. Hier ist ein Mix von vielen.

Lassen wir jetzt noch einige schöne alte Lieder folgen – ohne Kommentar.

Dass man die alten Lieder nicht immer so ernst nehmen muss, zeigen die beiden Szenen aus der Filmkomödie „Idu dani“ („Tage gehen“) von 1970, der von dem berühmten Drama „Warten auf Godot“ inspiriert wurde.